Bodhidharma

Bodhidharma, in Japan bekannt als Bodaidaruma oder kurz Daruma, war ein buddhistischer Mönch, der traditionell als Überbringer des Chan- bzw. Zen-Buddhismus von Indien nach China angesehen wird

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Bodhidharma, in Japan bekannt als Bodaidaruma oder kurz Daruma, war ein buddhistischer Mönch, der traditionell als Überbringer des Chan- bzw. Zen-Buddhismus von Indien nach China angesehen wird. Seine historische Existenz ist umstritten, und viele der Geschichten, die über ihn erzählt werden, sind wahrscheinlich legendär oder mythisch. Die Bedeutung von Bodhidharma liegt weniger in den genauen Einzelheiten seines Lebens als in dem spirituellen Erbe, das er hinterlassen hat. Er gilt als eine Schlüsselfigur in der Verbreitung des Mahayana-Buddhismus und insbesondere des Chan-Buddhismus in China, und sein Einfluss ist bis heute in der buddhistischen Welt spürbar.

Das Leben Bodhidharmas 

Einige traditionelle Erzählungen legen nahe, dass Bodhidharma im 5. oder 6. Jahrhundert in der südindischen Pallava-Dynastie als Sohn eines Königs geboren wurde. Andere Quellen behaupten, er sei aus Persien gekommen, aber diese Ansicht ist weniger verbreitet. Als Mitglied der königlichen Familie wäre Bodhidharma wahrscheinlich einer gründlichen Erziehung unterzogen worden, die sowohl weltliche als auch spirituelle Themen umfasst. Er soll schon in jungen Jahren ein tiefes Interesse an spirituellen Fragen und der Suche nach der Wahrheit gezeigt haben.

Obwohl er wahrscheinlich für eine politische oder militärische Laufbahn vorgesehen war, entschied sich Bodhidharma, den weltlichen Verpflichtungen zu entsagen und ein religiöses Leben zu führen. Er wurde Mönch und vertiefte sich in die buddhistischen Lehren. Es wird angenommen, dass er besondere Neigung zum Mahayana-Buddhismus zeigte. 

Bodhidharma soll mehrere Lehrer in Indien gehabt haben, bevor er Prajnadhara traf, den 27. Patriarchen des Buddhismus in einer Linie, die auf Gautama Buddha zurückgeht. Unter Prajnadhara vertiefte er seine Kenntnisse des Dharma und des meditativen Lebens. Hier lernte er vermutlich auch die Grundlagen der Lehre kennen, die später als Chan- oder Zen-Buddhismus bekannt werden würde. 

Meditation spielt eine zentrale Rolle in der Ausbildung, die Bodhidharma erhalten haben soll. Hier entwickelte er vermutlich seine Überzeugung, dass die Wahrheit durch direkte Erfahrung und tiefe Meditation erreicht werden kann, eher als durch das bloße Studium der Schriften oder die Befolgung ritueller Praktiken. 

Es wird angenommen, dass Bodhidharmas Ausbildung eine breite Palette buddhistischer Lehrinhalte umfasste, von den Grundlagen der Vier Edlen Wahrheiten und des Achtfachen Pfades bis zu den komplexeren Lehren des Mahayana wie der Sunyata (Leerheit) und der Tathagatagarbha (Buddha-Natur). 

Während seiner Ausbildung wäre Bodhidharma wahrscheinlich auch mit anderen philosophischen und religiösen Traditionen Indiens in Kontakt gekommen. Dies könnte seine spätere Lehrtätigkeit beeinflusst haben, da der Zen-Buddhismus eine Synthese verschiedener Elemente des indischen Denkens darstellt.

Übertragung des Mahayana-Buddhismus durch Bodhidharma nach China 

Nach seiner Ausbildung und Ermächtigung durch seinen Lehrer Prajnadhara soll Bodhidharma den Auftrag erhalten haben, nach China zu reisen, um die buddhistische Lehre zu verbreiten. Zu dieser Zeit hatte der Buddhismus bereits einen festen Fuß in China, aber die Praxis war weitgehend textorientiert und rituell. Bodhidharmas Absicht war es, die authentische Meditationspraxis des Mahayana-Buddhismus einzuführen und zu vertiefen. 

Er soll auf dem Seeweg von Südindien nach China gereist sein, was damals eine lange und gefährliche Reise gewesen wäre. Traditionelle Geschichten besagen, dass er in der Hafenstadt Guangzhou (auch als Kanton bekannt) im südlichen China landete. 

Nach seiner Ankunft soll Bodhidharma auf eine bereits existierende buddhistische Gemeinschaft getroffen sein. Einer der bekanntesten Berichte ist sein Treffen mit dem chinesischen Kaiser Wu von Liang, einem großen Förderer des Buddhismus. Der Kaiser fragte Bodhidharma, welchen karmischen Verdienst er für den Bau von Klöstern und die Förderung der buddhistischen Lehre erhalten würde. Bodhidharmas Antwort, dass es keinen karmischen Verdienst dafür geben würde, irritierte den Kaiser. Dieser Vorfall wird oft als eine Demonstration der radikalen und direkten Lehrweise Bodhidharmas zitiert, die auf die unmittelbare Erfahrung der Erleuchtung abzielte, unabhängig von religiösen Verdiensten oder rituellen Praktiken. 

Nach dieser ersten Phase soll Bodhidharma weitergereist sein, schließlich zum Shaolin-Kloster in der Provinz Henan. Dort soll er sich in eine Höhle zurückgezogen und neun Jahre in Meditation vor einer Wand verbracht haben. Diese Periode der intensiven Praxis wird oft als Zeichen seiner extremen Hingabe und als grundlegend für die Entwicklung des Zen-Buddhismus angesehen. 

Bodhidharmas Ankunft und seine Lehren stießen in China auf gemischte Reaktionen. Während einige seine direkte, praxisorientierte Herangehensweise begrüßten, fanden andere sie irritierend oder schwer verständlich. Dennoch hatte seine Anwesenheit einen dauerhaften und tiefgreifenden Einfluss auf den Buddhismus in China und später auch in anderen Teilen Ostasiens. 

Nachdem er das Kloster verlassen hatte, begann Bodhidharma, Schüler anzunehmen und seine Lehren des Dharma aktiv zu verbreiten. Seine Unterrichtsmethoden waren oft unkonventionell und zielten darauf ab, die Schüler zu einer direkten, unmittelbaren Erkenntnis der Wahrheit zu führen. Diese Phase gilt als die eigentliche Geburtsstunde des Chan-Buddhismus in China.
Nachdem er das Kloster verlassen hatte, begann Bodhidharma, Schüler anzunehmen und seine Lehren des Dharma aktiv zu verbreiten. Seine Unterrichtsmethoden waren oft unkonventionell und zielten darauf ab, die Schüler zu einer direkten, unmittelbaren Erkenntnis der Wahrheit zu führen. Diese Phase gilt als die eigentliche Geburtsstunde des Chan-Buddhismus in China. 

Bodhidharma betonte die Idee, dass Erkenntnis nicht durch das Lesen von Texten oder die Teilnahme an Ritualen erreicht werden kann, sondern nur durch direkte, persönliche Erfahrung in der Meditation. Diese Idee wird manchmal durch den Ausdruck "Vier leere Wände" symbolisiert, was bedeutet, dass wahre Erkenntnis in der Stille der Meditation und nicht durch äußere Einflüsse erreicht wird. 

Eine der bekanntesten Geschichten über Bodhidharma betrifft die Übertragung seiner Lehre an seinen Schüler Dazu Huike, im japanischen Zen als Taiso Eka bekannt. Laut der Überlieferung schnitt Huike sich einen Arm ab, um seine Entschlossenheit zu demonstrieren. Bodhidharma akzeptierte ihn daraufhin als seinen Hauptnachfolger. Dieser Akt der Übertragung von Lehrer zu Schüler ist ein zentrales Element in der Chan- und Zen-Tradition und etablierte Huike als den zweiten Patriarchen des Chan-Buddhismus

Es gibt Berichte, die besagen, dass Bodhidharma nach dem Shaolin-Kloster weiter durch China gereist ist, um seine Lehren zu verbreiten. Die genauen Details sind jedoch unklar. Einige Quellen behaupten sogar, dass er zurück nach Indien gereist sein könnte. 

Eine der bekanntesten Legenden besagt, dass nach Bodhidharmas Tod jemand berichtete, ihn auf dem Weg zurück nach Indien gesehen zu haben, wo er nur einen Schuh trug. Als die Mönche sein Grab öffneten, fanden sie es leer vor, bis auf einen einzelnen Schuh. Dieser Mythos wird oft als Hinweis auf die Unfassbarkeit und das Mysterium der Erkenntnis interpretiert. 

Es ranken sich auch viele andere Legenden um das Leben und Wirken von Bodhidharma. Die wohl bekannteste, aber auch am meisten umstrittene Legende besagt, dass Bodhidharma die Grundlagen des Shaolin Kung Fu entwickelte. Laut dieser Erzählung fand er die Mönche des Shaolin-Klosters körperlich zu schwach für die anstrengende meditative Praxis. Er entwickelte daraufhin ein System von Übungen, um die Mönche körperlich zu stärken. Diese Übungen sollen die Grundlage für die Shaolin-Kampfkunst gebildet haben. 

Eine weitere Legende besagt, dass Bodhidharma während seiner neunjährigen Meditationsperiode in einer Höhle mehrmals vom Schlaf übermannt wurde. Aus Frustration über seine Schwäche soll er seine eigenen Augenlider abgeschnitten und auf den Boden geworfen haben. Dort, wo sie landeten, wuchsen die ersten Teebüsche. Der Tee, der aus diesen Blättern gemacht wird, soll die Meditierenden wachhalten.

Bodhidharma in der traditionellen Japanischen Malerei 

Die Darstellung von Bodhidharma in der traditionellen Japanischen Malerei und Kalligrafie bietet faszinierende Einblicke in die kulturellen und spirituellen Dimensionen des Zen-Buddhismus. Der Stil und die Form dieser Darstellungen variieren, doch sie alle dienen dem Ziel, den Geist der Zen-Praxis zu vermitteln. 

Bodhidharma wird oft mit einer kraftvollen, fast wilden Erscheinung dargestellt. Einige seiner charakteristischen Merkmale in der Kunst sind seine tiefen, durchdringenden Augen, die dazu gedacht sind, die Intensität seines geistigen Fokus darzustellen. Sein ungepflegter Bart und seine wilde Frisur spiegeln seine Unabhängigkeit von weltlichen Bindungen und seinen unkonventionellen Lebensweg wider. 

Traditionelle japanische Tuschemalereien (Sumi-e) nutzen die Möglichkeiten der Tusche, um sowohl die äußeren als auch die inneren Qualitäten der dargestellten Objekte einzufangen. In Darstellungen von Bodhidharma symbolisiert die Verwendung von starken, kraftvollen Strichen sein inneres Feuer, während sanftere Linien seine spirituelle Finesse und Tiefe andeuten. 

Einige der berühmtesten japanischen Maler, die Bodhidharma dargestellt haben, gehören zur Rinzai-Schule des Zen, die eine starke Betonung auf die Verbindung zwischen Kunst und Erkenntnis legt. Künstler wie Hakuin Ekaku sind bekannt für ihre Darstellungen von Zen-Meistern, einschließlich Bodhidharma. Diese Werke werden oft von Kalligrafien begleitet, die klassische Zen-Dialoge oder Koans darstellen. 

In der Kalligrafie wird Bodhidharma oft durch seine Worte oder durch klassische Zen-Aussprüche repräsentiert. Diese Schriftstücke werden oft neben Malereien von ihm oder anderen Zen-Meistern angezeigt. Die Kalligrafie selbst wird als eine Form der Zen-Praxis betrachtet, bei der der Akt des Schreibens als eine Art Meditation dient. 

Die Malereien und Kalligrafien von Bodhidharma dienen nicht nur der ästhetischen Betrachtung, sondern auch als Lehrmittel für die Zen-Praxis. Sie sollen den Betrachter dazu anregen, die tiefere Wahrheit hinter der Oberfläche der Dinge zu suchen, und sie laden zur Meditation und Reflexion ein.

Bodhidharma in der japanischen Keramikkunst 

Bodhidharma hat auch einen festen Platz in der traditionellen japanischen Keramikkunst, insbesondere in der Bizen-Keramik. Bizen-Keramik, benannt nach der Bizen-Provinz in der heutigen Präfektur Okayama, ist eine der sechs alten Keramiktraditionen in Japan und ist für seine hochwertigen, unglasierten Waren bekannt. 

Die Bizen-Keramik ist für ihre natürliche, erdige Ästhetik bekannt. Bodhidharma-Figuren, die in dieser Tradition gefertigt werden, zeichnen sich oft durch eine subtile Farbpalette aus, die von dunkelbraun bis zu rötlichen oder grauen Tönen reichen kann. Diese Farbnuancen entstehen durch den speziellen Brennprozess, bei dem Holzöfen verwendet werden und der Ton unglasiert bleibt. 

Die Texturen der Figuren können ebenfalls variieren, abhängig von der Position im Ofen, dem spezifischen Tonmaterial und den Brennbedingungen. Einige Figuren können raue Oberflächen haben, die fast an Stein erinnern, während andere glatter und feiner sind. 

Die Gesichtszüge der Bodhidharma-Figuren sind häufig stark stilisiert, mit markanten, tiefen Augen, die sowohl Konzentration als auch geistige Tiefe symbolisieren. Sein Ausdruck ist oft ernst, was seine spirituelle Entschlossenheit widerspiegeln soll. Die Haltung kann von sitzenden bis zu stehenden Positionen variieren, aber sie spiegelt häufig eine Meditationshaltung wider, die Bodhidharmas Zen-Praxis repräsentiert. 

Trotz der Einfachheit der Materialien und des Brennprozesses kann die Detailarbeit bei diesen Figuren bemerkenswert sein. Die Falten der Roben, die Position der Hände und sogar die kleinen Einzelheiten wie Ohrringe oder Gebetsperlen können mit großer Sorgfalt modelliert werden. Jedes dieser Details dient nicht nur der ästhetischen Vollkommenheit, sondern trägt auch zur narrativen und symbolischen Bedeutung der Figur bei. 

Die Bodhidharma-Figuren können in unterschiedlichen Größen vorkommen, von kleinen, handlichen Exemplaren, die als persönliche Amulette dienen, bis hin zu größeren, monumentaleren Werken, die in Tempeln oder öffentlichen Räumen ausgestellt werden. 

Die optischen Eigenschaften dieser Bodhidharma-Figuren in der Bizen-Keramik sind also weit mehr als nur ästhetische Entscheidungen; sie sind eng mit der spirituellen Symbolik und Bedeutung, die Bodhidharma in der Zen-Tradition trägt, verflochten. Die natürlichen Farben und Texturen, die durch den unglasierten Brennprozess erzeugt werden, verkörpern die Zen-Ideale der Einfachheit und Authentizität, während die detaillierte Modellierung und die ausdrucksstarken Gesichtszüge die Tiefe der spirituellen Suche, die Bodhidharma repräsentiert, zum Ausdruck bringen.

Daruma Dolls als Glücksbringer 

Weit verbreitet im heutigen Japan sind sogenannte Daruma Dolls als Glücksbringer. Traditionell werden Daruma Dolls aus Pappmaché gefertigt, was sie leicht und hohl macht. In einigen modernen Variationen werden auch andere Materialien wie Kunststoff oder Keramik verwendet. Die Darumas haben eine abgerundete, zylindrische Form und sind in der Regel innen hohl, wodurch sie wackeln und sich selbst wieder aufzurichten, wenn sie umgestoßen werden. Normalerweise haben die Dolls keine Arme oder Beine und der Kopf ist im Vergleich zum restlichen Körper überproportional groß. Von dem grimmigen Gesicht abgesehen haben die Daruma Dolls also nicht mehr viel mit der traditionellen Darstellung Bodhidharmas in der Japanischen Malerei oder Keramikkunst zu tun. 

Daruma Dolls dienen als Symbol für Ausdauer und Entschlossenheit. In vielen Versionen der Legende von Bodhidharma verliert er durch die neun Jahre lange Meditation in der Höhle seine Gliedmaßen, was die Grundform der Darumas erklärt, die ja keine Arme und Beine haben. Aufgrund ihrer Form und Beschaffenheit wackeln die Darumas, richten sich aber wieder auf, wenn sie umgestoßen wirden - ein Symbol für Resilienz und die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen. In Japan wird dies oft durch das Sprichwort "Nanakorobi yaoki" (七転び八起き) ausgedrückt, was so viel bedeutet wie "Siebenmal umfallen, achtmal aufstehen". 

Daruma Dolls haben oft keine Pupillen in den Augen. Es existiert die Tradition, eines der Augen zu schwärzen oder auszumalen, wenn man sich ein bestimmtes Ziel setzt oder etwas wünscht. Sobald das Ziel erreicht oder der Wunsch erfüllt ist, wird das zweite Auge ebenfalls ausgemalt. Einige Leute bringen die Puppe dann als Dank zurück zum Tempel, wo sie ursprünglich gekauft wurde. 

Als Symbol für Glück und Ausdauer sind die Darumas in der japanischen Gesellschaft weit verbreitet und werden oft zu besonderen Anlässen wie dem Neujahrsfest, bei Hochzeiten, Geburten oder wichtigen beruflichen Ereignissen verschenkt. Zu Beginn eines neuen Jahres kaufen viele Japaner einen Daruma als Zeichen für einen Neuanfang und um sich selbst an ihre Ziele für das kommende Jahr zu erinnern. In der Geschäftswelt sind Darumas oft in Büros und Geschäftsräumen zu sehen. Sie sollen Glück und Erfolg für das Unternehmen bringen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Geschäftsführer oder Teamleiter einen Daruma erhält, um ein neues Projekt oder Geschäftsjahr zu markieren. Oft werden Darumas auch in Tempeln und Schreinen als Andenken oder Talismane verkauft. 

Darüber hinaus haben Daruma Dolls auch einen kulturellen und künstlerischen Wert. Sie sind Gegenstand von Malereien, Literatur und Liedern und werden manchmal in traditionellen japanischen Veranstaltungen oder Festivals präsentiert.