Takasago

Die Takasago Legende, eine der ältesten Legenden der japanischen Mythologie und ist ein Symbol ewiger Liebe und Hingabe

Passende Artikel zum Thema

Die Takasago Legende, eine der ältesten Legenden der japanischen Mythologie, handelt von einem alten Ehepaar, das manchmal aus dem Nebel am Meeresufer in der Nähe des Dorfes Takasago auftaucht. Der Inhalt der Legende ist in etwa der folgende: 

In einer alten Zeit lebte ein Fischer am sandigen Meeresufer im Dorf Takasago. Er hatte eine Frau und eine kleine Tochter namens Matsue. Am liebsten saß Matsue unter einer alten Kiefer und schaute, wie die Kiefernnadeln ohne Unterlass auf die Erde fielen. Sie bastelte aus den Nadeln ein wunderschönes Kleid und sagte: „Ich werde dieses Kiefernkleid nicht vor meiner Hochzeit anziehen“. 

Eines Tages saß Matsue unter der Kiefer und sang ein Lied: 

Ob die Blumen blühen, 
Ob die Blätter im Herbst fallen, 
Die Kiefer bleibt das ganze Jahr lang 
Immer grün. 

Auf ihren Ästen glänzen 
Des Taus unzählige Perlen. 
Sie werden zu Liedern 
Und zu Perlen der Worte, 
Die die Herzen der Menschen 
Mit ihrem nie verblassenden 
Glanz erhellen… 

Zur selben Zeit stand ein junger Mann, Teoyo, auf der steilen Küste weit entfernt von Takasago und beobachtete einen Kranich im Flug. Höher und höher stieg der Kranich auf im blauen Himmel und Teoyo sah, dass er hinter das Meer flog, wo im Dorf die Tochter des Fischers lebte. Weil der junge Bursche Abenteuer liebte, dachte er daran, wie toll es wäre, das Meer zu überqueren und das gegenüber liegende Ufer zu sehen, zu dem der Kranich geflogen ist. 

Eines wundervollen morgens sprang Teoyo ins Meer und schwamm los. Er schwamm so lange und war so erschöpft, dass ihm schien, als tanzten die Wellen um ihn herum und der riesige Himmel stiege zum Meer herunter und wollte ihn berühren. Er verlor das Bewusstsein, aber die Wellen waren ihm gnädig und trugen ihn zu dem Ufer, an dem Matsue unter der Kiefer saß. 

Das Mädchen zog ihn vorsichtig aus dem Wasser und legte ihn auf den weichen Teppich aus den Nadeln der Kiefer. Der Bursche kam schnell zu sich und dankte Matsue für ihre Güte. Teoyo kehrte nicht zurück in die Heimat, denn nach einigen glücklichen Monaten heiratete er Matsue, die zur Hochzeit ihr Kleid aus Kifernnadeln anzog. Je älter sie wurden, umso mehr liebten sie einander. Jeden Abend, als der Mond aufging, spazierten sie Hand in Hand zu der Kiefer, sammelten mit kleinen Besen die Nadeln und blieben dort bis zum nächsten Morgen.

 Eines Nachts suchte der silberne Mond vergebens das inzwischen gealterte verliebte Paar unter der Kiefer auf dem Bett aus grünen Nadeln. Nur die zwei Besen lagen daneben. Der Mond wartete lange darauf, die Schritte des Paars zu vernehmen, aber in dieser Nacht sind sie nicht erschienen. Matsue und Teoyo fanden die ewige Ruhe auf dem Ufer des gelben Flusses. 

Sie liebten einander im Alter genau so wie in der Jugend, sodass die Götter es ihnen erlaubten, in diese Welt zurückzukehren, zu der selben Kiefer, die so viele Jahre den Gesprächen der Verliebten lauschte. Bei Vollmond kehren sie zurück, flüstern miteinander, singen, tanzen, lachen und sammeln zusammen die Nadeln der Kiefer in der leisen Melodie des Meeres.

Takasago im Nō-Theater

Das Nō-Theaterstück "Takasago" ist bekannt für seine poetische und symbolische Darstellung der Legende. Das Stück öffnet sich mit einem Reisenden, meist einem Priester, der die Szenerie von Takasago beschreibt. Die Atmosphäre ist friedlich und ein wenig mystisch, charakteristisch für Nō-Theaterstücke. Die Einleitung dient dazu, den Zuschauer in die Welt des Stücks einzuführen und eine Verbindung zur heiligen Natur von Takasago herzustellen. 

Als der Reisende die malerische Umgebung von Takasago bewundert, trifft er auf ein altes Paar, das sorgfältig Kiefernadeln um einen Schrein herum zusammenkehrt. Ihre Bewegungen sind bedacht und ritualisiert, ein Charakteristikum des Nō-Theaters. Sie tragen traditionelle Kleidung, die ihre bescheidene Herkunft und Verbindung zur Natur zeigt. 

Der Reisende begrüßt das Paar und erkundigt sich nach ihrer Tätigkeit. Das Paar antwortet in poetischen Versen und spricht von ihrer täglichen Aufgabe, den Bereich um den Takasago-Schrein zu reinigen, um so ihre Ehrerbietung und ihren Respekt für die heiligen Kiefern zu zeigen.

 Interessiert an ihrer Geschichte, fragt der Reisende sie nach der Bedeutung der Kiefern. Das Paar teilt die alte Legende der Takasago und Sumiyoshi Kiefern mit ihm. Sie sprechen von der ewigen Liebe und Hingabe, die die Kiefern repräsentieren, und wie sie seit Jahrhunderten Seite an Seite stehen, unberührt von den Widrigkeiten des Lebens. 

Während ihrer Erzählung merkt der Reisende, dass es mehr hinter dieser Begegnung steckt, als es auf den ersten Blick scheint. Es gibt eine tiefe spirituelle Aura um das Paar, die andeutet, dass sie nicht nur einfache Dorfbewohner sind. Ihre Worte sind durchdrungen von einer zeitlosen Weisheit und einem tieferen Verständnis von Liebe und Hingabe. 

Ein zentrales Element des Stücks ist der Tanz und Gesang des alten Paares. Die Musik des Nō-Theaters hat eine besondere Resonanz, die oft als hypnotisierend und meditativ beschrieben wird. Durch diese Kombination von Bewegung und Klang drücken sie ihre unzertrennliche Bindung und ewige Liebe zueinander aus. 

Nach ihrem Tanz enthüllen der alte Mann und die alte Frau, dass sie nicht nur das alte Paar sind, sondern auch die Geister der Takasago und Sumiyoshi Kiefern. Dies ist ein Wendepunkt im Stück, da der Reisende (und das Publikum) die tiefe spirituelle Verbindung zwischen dem Paar und der Natur erkennt. 

Das Ehepaar, in ihrer Doppelfunktion als menschliche und spirituelle Wesen, segnet den Reisenden. Sie beten für das Wohlergehen und die Harmonie aller Paare. Ihre Wünsche reichen über das Persönliche hinaus und rufen zu einer universellen Harmonie und Verbindung auf. 

Der Reisende, tief berührt von der Begegnung, verlässt Takasago. Das Stück endet mit einem Nachhall der Botschaft von ewiger Liebe und Hingabe sowie der Verbindung zwischen Menschen, Natur und Geisterwelt.

Die Takasago-Legende in der traditionellen Japanischen Malerei 

Die Takasago-Legende, mit ihrer tiefen Symbolik für Hingabe, Langlebigkeit und ewige Liebe, hat viele Künstler in Japan inspiriert und taucht immer wieder als Motiv in der traditionellen Japanischen Malerei auf. 

Eine oder mehrere Kiefern sind stets das zentrale Element in jeder Darstellung dieser Legende. Oft sind sie im Vordergrund oder bilden einen dominanten Teil des Hintergrunds. Die Bäume sind in der Regel in einer Art und Weise dargestellt, die ihre Langlebigkeit und Stärke betont, mit ausladenden Zweigen und kräftigen Stämmen. 

Das alte Paar, das die Geister der beiden Kiefern darstellt, sind oft abgebildet, meist in traditioneller Kleidung. Sie können gezeigt werden, wie sie liebevoll miteinander interagieren, Kiefernadeln zusammenkehren oder einfach die Gesellschaft des anderen genießen. Ihre Darstellung unterstreicht oft ihre tiefe Verbindung und Zuneigung zueinander. 

Viele traditionelle Japanische Gemälde, besonders solche mit literarischen oder mythologischen Themen, enthalten kalligraphische Inschriften oder Gedichte. In Darstellungen der Takasago-Legende könnten solche Inschriften Verse oder Anspielungen auf die Legende enthalten, die die Botschaft der ewigen Liebe und Hingabe weiter vertiefen. 

Die Umgebung in diesen Malereien ist oft idyllisch und friedlich, mit Darstellungen von ruhigem Wasser, Bergen oder anderen Bäumen. Dies dient nicht nur als Hintergrund, sondern betont auch die Harmonie zwischen Mensch und Natur. 

Diese Darstellungen der Takasago-Legende können in verschiedenen Formaten gefunden werden, von Tuschzeichnungen auf Bildrollen bis hin zu detaillierten Gemälden auf Falt- oder Wandschirmen. Unabhängig vom Format vermitteln diese Kunstwerke stets die tiefe Symbolik und emotionale Resonanz der Legende und sind ein Testament für ihre andauernde Bedeutung in der japanischen Kultur.

Die Takasago-Legende auf japanischen Hochzeiten 

Die Takasago-Legende ist in der japanischen Hochzeitskultur tief verwurzelt. Diese Erzählung symbolisiert nicht nur ewige Liebe, sondern auch Hingabe und das gemeinsame Altern – zentrale Werte für Paare, die in den Bund der Ehe eintreten. Bei traditionellen Hochzeiten in Japan sind Darstellungen dieser Legende oft in der Dekoration der Räumlichkeiten in der Form thematisch passender Kakemono und Shikishi, auf Hochzeitskimono oder Einladungskarten zu finden. Manchmal werden Teile des Noh-Theaterstücks "Takasago", das diese Legende darstellt, während der Zeremonie oder beim Empfang aufgeführt, um Segen und Freude zu bringen. 

Ebenso ist es nicht ungewöhnlich, dass Verse aus Gedichten, die sich auf die Legende beziehen, während der Feierlichkeiten vorgelesen werden. Sie dienen als kraftvolle Erinnerung an die Ideale der ewigen Zuneigung und des gemeinsamen Lebens. In einigen Ritualen wird das gemeinsame Kehren von Kiefernadeln eingebunden, was die Bedeutung von Zusammenarbeit und einem gemeinsamen Zuhause symbolisiert. Zudem sind in Japan dekorative Umschläge, die häufig als Hochzeitsgeschenke mit Geld gefüllt sind, manchmal mit Motiven der Takasago-Legende verziert. Sie repräsentieren Wünsche für eine lange und glückliche Ehe.